Dez. 12, 2018 | deinerklaerfilm.de Blog, Presse, Projekte, Unkategorisiert, vr
Ein Leuchten lag auf Arthurs Gesicht. All der Stress der vergangenen Tage schien vergessen: der selbstgebastelte Adventskalender, der verpatzte Kino-Besuch, die nicht-weiße Weihnacht. Um ihn tanzten und flackerten Lichter in den wildesten Farben. Es roch nach Mandeln, Zimt und Zuckerwatte. Glöckchen erklangen und das Grinsen des Jungen zog sich breit von einem Ohr zum anderen: Arthur liebte Weihnachtsmärkte! Diese einmalige Mischung aus Holzdekor und Jahrmarkt. Und jetzt stand er auf dem einen schönsten Weihnachtsmarkt dieser Stadt. Wo, wenn nicht hier, würde er Weihnachtsmänner treffen, die ihm aus der Patsche halfen? Die mit ihm gemeinsam das Weihnachtsfest retten würden? Lässig klemmte sich Arthur sein Skateboard unter den Arm und ließ den Blick über die Buden wandern. Buden, in denen lächelnd Verkäuferinnen kandierte Äpfeln und Lebkuchenherzchen verkauften, Wollsocken und Krippen, hinüber zum Kettenkarussell, das weit in die Höhe ragte. Wie er Lust hatte, mit zu kreiseln. Ihm fiel Onkel Esras grüner Superhelden-Umhang ein. Er trug ihn immer noch, und plötzlich kam er sich sehr lächerlich vor. Kindisch. Das Glänzen in seinen Augen verschwand. Am Liebsten wäre Arthur auf der Stelle verschwunden. Da hub ihn etwas und riss ihn wie ein Wirbelwind aus seinen Gedanken. Beinah hätte er sein Gleichgewicht verloren und wäre vornübergefallen. Er suchte Halt und stütze sich auf sein Skateboard ab: als ein kleines Männchen an ihm vorbeieilte. Es trug ein rotes Gewand und flitzte durch die Menschenmenge entlang, schlüpfte in einen kleinen Gang zwischen den Marktbuden.
„Ein Wichtel,“ schoss es Arthur durch den Kopf. Er zögerte nicht lang, ließ sein Board blitzschnell auf den Boden gleiten, nahm Schwung und rollte mit einem Satz dem humpel-flitzenden Männchen hinterher. Arthurs grüner Umhang breitete sich wehend aus. Er rollte zwischen den Menschen durch, bog ebenfalls in den Gang zwischen den Marktbuden und sah gerade noch, das Männchen in der Tür eines hellblauen Bauwagens verschwinden. Auf dem Dach war ein Plastik-Rentier angebracht und leuchtete in grünen und roten Farben. Das musste die Weihnachtszentrale sein. Arthurs Herz pochte kräftig. Vor dem Fenster blieb er stehen und streckte sich vorsichtig in die Höhe, bis weit auf die Zehenspitzen, und blinzelte in den hell erleuchteten Raum hinein. Hinter rosa Spitzengardine saß der Wichtel an einem Tisch, schlug mit der Faust auf ein Papier und fluchte laut. Drei Männer in roten Mänteln taten es ihm gleich. Ihre Bärte waren lang und grau und irgendwie sahen sie alle sehr gleich aus. Ob sie Brüder waren? Zettel und Papiere lagen vor ihnen. Sie kritzelten und fluchten, zeichneten und knirschten so laut mit den Zähnen, dass es Arthur ganz flau im Bauch wurde. „Wunschbriefe“, staunte er flüsternd. Ob sie sauer über die frechen Wünsche der Kinder waren? Plötzlich spürte Arthur eine dicke Tatze auf seiner Schulter. „Na, wen haben wir denn da?“, brummte ein tiefer Bass. Arthurs Herz schlug bis zum Halse. Er wagte nicht, sich zu rühren. Vor ihm stand… der Weihnachtsmann. Also nicht irgendeiner, wie die Weihnachtsmänner-Wichtelchen in dem Waggon. Das wurde Arthur schlagartig klar. Sondern: DER Weihnachtsmann. Eindeutig. Er hatte deutlich mehr Haare als alle anderen Weihnachtsmänner zusammen und war auch viel größer und seine Arme sahen aus, als hätte er stark trainiert. Wow, so große Muskeln hatte Arthur tatsächlich noch nie gesehen. Außerdem hatte er eine Glocke an seiner Zipfelmütze. Das musste er sein! Erst als der Weihnachtsmann ein drittes Mal nachfragte, fand Arthur seine Sprache wieder: „Sie müssen mir helfen!“ brach es endlich aus Arthur heraus. „Sie müssen Weihnachten retten!“ Und so erzählte ihm Arthur alles, von Mama, dem Kinobesuch, dem Adventskalender und dem Wetterbericht, und den Entschluss, erst wieder nach Hause zurück zu gehen, wenn es am Heiligen Abend schneien würde. Und das verstand der Weihnachtsmann. Er teilte Arthurs Sorge. Immerhin stand mit dem Klimawandel auch seine berufliche Existenz auf dem Spiel.
Und dann ging es sehr schnell. Während sich also die Bewohner des kleinen Städtchens auf dem Weihnachtsmarkt vergnügten, hatte der kleine grüne Supermann sich in eine rote Wichtelschar geschoben und einen Plan ausgeheckt: gemeinsam mit den Weihnachtsmarktmännern würde Arthur auf das Dach des höchsten Kaufhauses klettern, wo sich die Eislaufbahn der Stadt befand. Er würde die Schneemaschine des Hausmeisters an den Rand des Daches schieben – und sie anschalten.
Blieb nur noch die Frage, wie sie dort hinauf kamen…
Dez. 4, 2018 | deinerklaerfilm.de Blog, Presse, Projekte, Unkategorisiert
Es läuft alles schief in diesem Jahr. Wegen der globalen Müllkrise fällt Arthurs Adventskalender ins Wasser und auch am Heiligen Abend wird es nicht schneien. Statt sich das Weihnachtsfest verderben zu lassen, beschließt Arthur, Weihnachten zu retten – mitsamt einer Schar Weihnachtsmänner. Lesen Sie den ersten Teil der Adventsgeschichte der Filmmanufaktur Potsdam und genießen Sie bei sommerlichen Temperaturen den Ersten Advent!
Arthur hatte die Decke bis über beide Ohren gezogen. Er schnaubte vor Wut. Grün fühlte er sich, wie der Grinch, der das Weihnachtsfest so sehr fürchtete, dass er es allen anderen verderben musste. Schnell prüfte Arthur die Farbe seiner Hand. Es schien alles in Ordnung am Körper des Achtjähirgen. Doch er Kleine hatte die Nase gestrichen voll. Erst hatte der Radiomoderator verkündet, dass es in diesem Jahr Weihnachten nicht schneien würde. Dann hatte Mama ihm verboten, ins Kino zu gehen und schließlich hatte sie noch das präsentiert: einen selbst gebastelten Adventskalender. Nicht einen mit Geschenken, wie ihn seine Banknachbarin Mia im letzten Jahr hatte. Neeeein, äha, einen mit Bildern! Bildern! Arthur sind beinah die Augen aus dem Kopf gefallen, als Mama ihn an der Wand fixierte. Wer guckte sich denn heute noch Bilder an? Hallo! Geht’s noch? Wir leben im Zeitalter von You Tube und Virtual Reality, hatte Arthur ihr verraten. Mama hatte tief durch die Nase geschnaubt, ihm einen Gute-Nacht-Kuss gegeben und war aus dem Zimmer gegangen. Bilder, das erinnerte Arthur an Museen und verschrumpelte Alte, die nackt im Wald oder auf Wolken abhingen. Jedenfalls die, die Arthur im Ferienkurs in der Gemäldegalerie kennen gelernt hatte. Und dieser eine Mensch, Jesus, der war auch immer nackt und tot. Immer! Entweder hing er tot am Kreuz oder lag tot auf einem Tisch. So viele Tote hatte Arthur noch nicht einmal in einem Film gesehen! Sogar sein Bruder Tomke war schreiend aus dem Raum gelaufen. Seitdem stand für beide fest: Bilder sind blöd. Und noch viel blöder waren Bilder in selbst gebastelten Kalendern von Mamas.
Missmutig starrte Arthur an die Wand. Da hingen 24 rote Quadrate auf grünem Tonpapier. Arthur verspürte noch nicht einmal Lust, ein Kribbeln oder irgendwas, eines der Quadrate zur Seite zu schieben, um zu schmulen, was sich dahinter verbirgen könnte. Grimmig drehte er sein Gesicht zur Seite. Tomke lag auf dem Bett gegenüber. Er schlief. Sein Atem ging gleichmäßig. „Mir ist dieser Adventskalenderquatsch eh egal“, hatte er gemault und die Lippe dabei so hochgezogen. Cool eben. Arthur, wie er da so im Bett lag, tat es ihm gleich. Dabei fühlte es sich an, als sei eine Murmel in seinem Nasenloch stecken geblieben. Er schnalzte mit der Zunge. Aber es funktionierte nicht so wie bei Tomke. Ihm, Arthur, war es eben gar nicht egal, dass im Adventskalender kein Spielzeug oder Schokolade war. Mia, die aus Arthurs Klasse, hatte im letzten Jahr sogar aus einem Riesensäckchen Schlittschuhe geholt alle anderen pulten die Schokopralinen aus buntem Plastikpapier. Arthur liebte buntes Plastikpapier. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Kein Kino, kein Kalender mit riesigen Geschenken, kein Schnee. Das bedeutete: Weihnachten würde in diesem Jahr die absolute Katastrophe. Wenn das schon so anfing… blöder Ökokackscheiß! Nur weil Mama ein Zeichen gegen Plastik und Konsum setzen wollte. Arthurs Augen begannen zu funkeln. Er setzte sich auf. Er wusste nun, was zu tun war. Er musste Weihnachten retten!
Vorsichtig strich er seine Bettdecke zurück. Seine nackten Füße berührten den kalten Boden. Leise tapste er zur Holztruhe, die Opa Mert angestrichen hatte und hob mit der einen Hand ganz langsam den Deckel hoch, damit der ja nicht quietschte, und fischte mit der anderen im Dunkeln. Da, er zog den grünen Samtumhang hervor. Außerdem: einen gelben Gürtel aus Filz und einen schwarzen alten Zylinder, den Arthur stets als Tarnkappe verwendete. Besonders gut ließen sich damit Marmeladenkekse in Onkel Esras Nähstube stibitzen. Es war wie ein Wunder, Onkel Esra hatte nie etwas mitbekommen, obwohl er doch direkt neben der Keksdose saß. Arthur zuckte zusammen. „Tor“, murmelte Tomke. Unverständlich schüttelte Arthur den Kopf: Für Tomke gab es immer nur „Fußball“ und „Tor“. Dabei liebte er doch auch Weihnachten. „Aber nein“, fluchte Arthur still vor sich hin, als er den Umhang über die Schultern streifte. „Immer musste er alles allein machen!“ Er musste dafür sorgen, dass es schneit und das Fest nicht ins Wasser fällt. Denn wer schon einen selbstgebastelten Adventskalender aus Bilder bekam…
Arthur ließ die Haustür hinter sich ins Schloß fallen…
Fortsetzung folgt am Montag, den 10.12.2018